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Projekt Open/Lampas Stiftung
Daniela* hatte sich eigentlich auf das Leben in Deutschland gefreut: Ein Jahr wollte sie nach ihrem Germanistikstudium als Au Pair im Nürnberger Umland bei einer vierköpfigen Familie leben. Doch nur vier Monate später war sie wieder Zuhause, im rumänischen Oradea. „Am Anfang hörte sich alles gut an, ich sollte zwei Kinder im Alter von drei und sechs Jahren betreuen, das Haus aufräumen, einkaufen und kochen“, so die 23-Jährige. Aber nach wenigen Wochen wird der Familienvater zudringlich. „Er hat mich angemacht und gesagt, ich würde ihm gehören“, sagt Daniela. Daniela wehrt die Annäherungsversuche ab. Damit kippt die Stimmung in der Familie: Plötzlich kritisiert der Vater sie ständig, beschimpft die junge Rumänin als faul. Die Ehefrau schweigt. Als es schließlich Winter wird und die junge Frau in ihrem Zimmer auf dem ungeheizten Dachboden ständig friert, bricht sie den Aufenthalt ab.
Die ganze Zeit über hielt Daniela Kontakt zu Ottilia Vura, Psychologin und Projektmanagerin des Projekts Open in Oradea. Über sie hatte Daniela von der Möglichkeit eines Au Pair-Dienstes erfahren. Vura hatte sie auch über ihre Arbeitsrechte in Deutschland aufgeklärt.
Sie berät im Open-Projekt Rumäninnen und Rumänen, die zum Arbeiten nach West- oder Südeuropa gehen wollen. Rund drei Millionen Rumänen arbeiten für einige Monate, Jahre oder sogar für immer im westlichen EU-Ausland. Nicht immer unter guten Umständen. Arbeitsangebote dubioser Vermittlungsagenturen versprechen Frauen und Männern jeden Alters hohe Gehälter auch ohne Ausbildung – doch in Wahrheit existieren die Arbeitsstellen gar nicht oder die Arbeitswilligen werden Opfer von Menschenhandel, müssen unter sklavenähnlichen Bedingungen arbeiten oder landen in der Zwangsprostitution.
Mit der Vermittlung angeblich guter Arbeitsstellen lässt sich viel Geld verdienen: „Vor einiger Zeit sind 400 Menschen in Oradea auf einmal auf so ein Angebot hereingefallen. Sie haben viel Geld an eine Agentur gezahlt, auch Bekannte von mir waren darunter. Über die Art der Arbeit wussten sie nichts. Am Tag der Abreise nach Deutschland versammelten sich dann alle mit ihren Koffern am Treffpunkt – doch der Reisebus der Agentur, der sie nach Deutschland bringen sollte, tauchte nie auf. Die Telefonnummer und das Büro der Vermittlungsagentur existierten nicht mehr“, so Vura. Über Anzeigen im Internet, bei Facebook, aber auch über Freunde und Familienangehörige, die zum Beispiel selber als Zwangsprostituierte arbeiten mussten und sich über Neuanwerbungen freikaufen, werden die Lockangebote lanciert. „Alle gesellschaftlichen Schichten sind betroffen, egal ob gebildet oder ungebildet“, sagt Gheorghe Ungur, Regionalkoordinator der Nationalen Behörde gegen Menschenhandel in Oradea. Er arbeitet seit 2011 mit der Stiftung Lampas zusammen, vor allem in der Präventionsarbeit. „Jeder denkt natürlich, mir passiert so etwas nicht. Ich werde kein Opfer von Arbeitsausbeutung oder Zwangsprostitution “, sagt Vura. Sie warnt in ihrer Beratung vor den Risiken und weist daraufhin, welche Kriterien beispielsweise eine seriöse Arbeitsvermittlung erfüllen sollte. Dazu gehören genaue Angaben zum zukünftigen Arbeitgeber, Arbeitsort, Unterbringung usw.
Regelmäßig gehen die Mitarbeiter des Projekts auch in Schulen und klären Schülerinnen und Schüler über die Risiken der Arbeitsmigration auf. Außerdem arbeiten sie eng mit dem Arbeitsamt in Oradea zusammen, das über das EURES-Programm (EURopean Employment Services) seriöse Arbeitsstellen vermittelt.
Daniela hat vom Au Pair-Sein in Deutschland erstmal genug. Sie studiert wieder und will nun Lehrerin in Oradea werden.
*(Name geändert)